Wertgutachten Einfamilienhaus BJ 1976
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Wertgutachten Einfamilienhaus BJ 1976

Wir möchten ein Einfamilienhaus BJ 1976 erwerben und haben ein sog. Kurz-Wertgutachten von einem öffentl. bestellten und vereid. SV anfertigen lassen.
In diesem Gutachten ermittelt der SV den Bodenwert, den Bauwert, den Sachwert und den Ertragswert. Bei der Bauwertermittlung nimmt er eine Alterswertminderung von 16 % vor, um den Zeitwert zu berechnen. Zusätzlich nimmt er einen Abschlag von 50.000 € für anstehende Modernisierung und Renovierung vor. Der Bauwert beträgt also Zeitwert abzüglich des Modernisierungsabschlags.
Der Eigentümer steht auf dem Standpunkt, die Alterswertminderung von 16 % sei bereits ausreichend  -  der Abschlag für anstehende Modernisierung und Reparaturen dürfe daher nicht gemacht werden, da damit quasi "doppelt" abgezogen werde.
Da wir uns mit den Berechnungsmodalitäten eines solchen Gutachtens nicht auskennen, würden wir gerne wissen, ob die Vorgehensweise des SV korrekt war oder ob der Eigentümer Recht hat. Vielen Dank für jeden Hinweis.
  • Name:
  • Sandra Rösner
  1. kommt darauf an

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Zunächst: bei der Alterswertminderung sollte bei Baujahr 1976 26 % stehen (Tabelle zur technischen Wertminderung von Gebäuden nach Ross). Liegen keine Unterhaltungsrückstände oder Bauschäden vor, sind keine weiteren Abzüge zu machen. Werden solche Abzüge aber gemacht, geht das nicht pauschal mit dem nicht unerheblichen Betrag von 50.000 €. Da muss schon beschrieben und berechnet werden wofür (Ausblühungen, Dach undicht, Risse, Feuchteschäden, verfaulte Fenster, Schimmel, andere Dinge die ein gewissenhafter Eigentümer normalerweise zeitnah hätte reparieren lassen usw.).
  2. Ohne genaue Kenntnis

    des Gutachtens ist es schwer, eine Aussage zu machen. Generell scheint mir eine Alterswertminderung von 16 % für ein 30 Jahre altes Haus zu gering, denn die dürfte eher 20  -  25 % bei einem durchschnittliches Einfamilienhaus betragen. Hinzu kommen Abzüge für Baumängel. Ob Abzüge für Modernisierungen gerechtfertigt sind, kann aus der Ferne nicht beurteilt werden. Es kommt eben darauf an, wie das Gutachten aufgebaut ist und welche Wertansätze verwendet werden.
  3. Auf jeden Fall ...

    sind die Abzüge für Mängel usw. auch um den Minderungsfaktor Alter zu reduzieren, in Ihrem Fall dürften dort also max. 42.000 € stehen.
    Ertragswert beim EFHAbk.? . Eher unüblich, weil ein Einfamilienhaus eigentlich nicht zur Erzielung von Einnahmen verwendet wird.
    Da wollt wohl einer nicht auf die 20 % verzichten :-(.
  4. zusätzlicher Rat

    Als weiteren Rat empfehle ich dringend, Einsicht in die Baugenehmigung zu nehmen.
    Wichtig ist die Feststellung, ob alles genehmigt ist und sich das auch auf eventuelle Nutzungsänderungen bezieht.
    Prüfen Sie auch eventuelle Abstandsflächen des Nachbarn.
    Das Verschweigen von Mängeln oder Schwarzbauten ist arglistige Täuschung.
    Gruß
    • Name:
    • Herr Klaus
  5. Wertgutachten Einfamilienhaus BJ 1976  -  Nachtrag

    Hallo an alle,
    vielen Dank für die zahlreichen Hinweise!
    Gibt es neben der erwähnten Tabelle zur technischen Wertminderung von Gebäuden nach Ross noch andere Tabellen, die zur Bewertung zugelassen sind? Falls nein, stellt die falsche Prozentzahl doch sicher einen Mangel im Gutachten dar, den ich dem Gutachter gegenüber anzeigen sollte, oder?
    Die Moderniesierungs- und Renovierungsarbeiten wurden im Gutachten aufgelistet (neue Fenster, Außendämmung und Betonsanierung am Garagendach) und pauschal mit 50.000,- € bewertet. Allerdings wurde als Grund nur angegeben, dass Fenster und Dämmung nicht mehr zeitgemäß sind und der Putz Risse aufweist. Dabei wurde aber nicht ausgeschlossen, dass es sich lediglich um Setzrisse handeln könnte. Da das Haus bereits Doppelglasfenster aus 1976 hat und die Außenwände aus 30 cm YTONG bestehen, ist der Eigentümer der Ansicht, die vom Gutachter vorgeschlagenen Maßnahmen wären überflüssig.
    Baugenehmigung etc. ist in Ordnung.
    Danke für weitere Hinweise!
  6. Die ...

    Ross'schen Tabellen sind die gängigen, aber es gibt 2  -  3 weitere. Muss aber im Gutachten angegeben sein, wie die Minderung ermittelt wird/wurde.
    Minderungen über den Zustand gemäß Baujahr (erfasst durch den Herstellungsneuwert) und die Altersminderung (nach Ross oder anderen) hinaus sind nicht für fällige Routine-Sanierungen anzusetzen (denn die steigern den Wert), sondern nur für massiven Unterhaltungsstau an einzelnen Bauteilen, der nicht über die beiden obigen Faktoren berücksichtigt werden kann. z.B. maroder Heizkessel, verrottete Fenster, undichte Rohrleitungen, versaute Bodenbeläge, undichtes Dach usw.
    Sind die vorgenannten (oder andere Bauteile) einfach "nur" alt, darf kein zusätzlicher Abzug erfolgen.
  7. Wertgutachten Einfamilienhaus BJ 1976 Nachtrag 2

    Wenn ich die Tabellen im Gutachten richtig interpretiere, dann wurde die Bauwertberechnung (Zustand nach Modernisierung und Instandsetzung) nach NHK 2000 vorgenommen. Dabei geht der Gutachter von einer GNG von 80 Jahren aus und unterstellt das fiktive BJ 1985. Das Haus wird als Typ 1.31 eingestuft. Er kommt auf 675,- €/m² Bruttogrundfläche. (Ich habe mir die Tabelle im Internet angesehen und finde diesen Wert dort nicht. Kann der Gutachter auch einen Mittelwert ansetzten, wenn er den Zustand des Gebäudes z.B. zwischen "einfach" und "mittel" einstuft? Oder handelt es sich um einen Zahlendreher im Gutachten? Für den Zustand "mittel" ergäbe sich laut Tabelle nämlich ein Wert von 765,- €).
    Unterstellt man ein fiktives BJ 1985 und eine GND von 80 Jahren ergibt sich nach Ross ein Altersabschlag von 17 % (im Gutachten stehen aber 16 %).
    Die Baunebenkosten sind mit 15 % (aus Baukosten) angesetzt  -  in der Tabelle NHK 2000 habe ich 16 % gefunden. Besondere Bauteile wurden mit 2,5 % angesetzt, die Außenanlagen mit 5 % aus den reinen Baukosten. Daraus ermittelt der Gutachter den Bauwert vor Abschlag. Dann erfolgt der Abschlag von 50.000 € für die bereits beschriebene anstehende Modernisierung und Reparaturen. Somit ergibt sich der Bauwert. Ein Faktor zur Berücksichtigung der Gebäudebaujahrsklasse oder ein Regionalisierungsfaktor wird nicht aufgeführt.
    Nach Ermittlung des Sachwertes nimmt der Gutachter einen Marktanpassungsabschlag von 15 % vor. Grund: Die erzielten VK-Preise solcher Objekte im Rhein-Main Gebiet haben in den letzten Jahren nachgegeben und Aufgrund der allgemeinen schwierigen wirtschaftl. Gesamtlage ist die Nachfrage nochmal erheblich schwächer geworden.
    Sollten wir den Gutachter um Nachbesserung bitten oder ist das alles so OK?
  8. Hääää ...

    Ein fiktives Baujahr unterstellt man, wenn ein altes Haus irgendwann umfangreich saniert wurde, aber doch nicht für 9 Jahre.
    Alles insgesamt etwas ungewöhnlich.
    Ob das Gutachten aber grundsätzlich mangelhaft ist, kann so schwer beurteilt werden. Lassen Sie sich doch von Ihrem Gutachter mal die ganzen Ungereimtheiten erklären.
    Vielleicht gibt es ja plausible Erklärungen  -  und wenn nicht, weitersehen.
  9. Erklärungen des Gutachters zum Wertgutachten

    So, wir haben nun wie angeraten, den Gutachter um Erläuterung zu seiner Vorgehensweise und seinen Wertansätzen gebeten und folgende Antworten erhalten:
    Bei der Ertragswertberechnung wurden die Terrassenflächen nicht berücksichtigt, weil "da es keine gesetzlich verbindliche Wohnflächendefinition gibt, müssen Terrassenflächenanteile in einer Wohnflächenberechnung auch nicht enthalten sein. "
    Auf die Frage, wie er zu der Aussage kommt, dass der Wärmeschutz der Außenwände und der Fenster mit Isolierverglasungen nicht mehr den heutigen Anforderungen entspricht, schreibt er keine direkte Antwort. Er führt nur aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Energiepass eingeführt wird und dass zeitgemäße Gebäude, die wenig Energie benötigen dann besser bewertet werden als ältere Gebäude, die einen hohen Energiebedarf besitzen. Eine Aussage zum Ist-Energiebedarf oder Soll-Energiebedarf trifft er nicht. Zu Höhe des veranschlagten Abzugs (50.000 €) führt er aus: "Die Kostenhöhe entspricht üblichen Erfahrungswerten".
    Die 675 €/m² bei den Baukosten (statt 705 €  -  765 €/m²) erklärt er mit einem Abschlag, den er vornehmen musste, "da das Haus im Vergleich zum NHK-Gebäude im untersten Geschoss nicht komplett ausgebaut ist". Anmerkung meinerseits: Das Haus eine eine BGF von 345 m²  -  die nicht ausgebaute BGF beträgt ca. 20 m². Der Abzug erscheint mir dafür relativ hoch.
    Zu den 15 % Baunebenkosten (statt wie in der Tabelle angegeben 16 %) schreibt er: "der angemessene Ansatz bleibt im konkreten Bewertungsfall dem Gutachter überlassen. "
    Die Bewertung der besonderen Bauteile (Stützmauern im Garten, Pergola, Terrassenbelag und Solarablage) bewertet er in der Bauwertberechnung pauschal mit 2,5 %  -  nicht mit ihren tatsächlichen Herstellungskosten. Die Außenanlagen bewertet er ebenfalls pasuchal mit 5 % (u.a. große in 1999 neu gepflasterte Einfahrt und Terrasse). Auf die Frage, weshalb er hier nicht die Herstellungskosten ansetzt (die wir en Detail aufgeführt haben) schreibt er: "Bei der Ableitung des Verkehrswertes stehen tatsächliche Baukosten von Immobilien nicht im Vordergrund. Wichtiger ist die Frage, wieviel ist ein potentieller Erwerber bereit dafür zu zahlen. " Wenn er den Bauwert ermittelt, sollte er da nicht zunächst die Herstellungskosten ansetzen  -  Abzüge für die Marktlage werden doch im Anschluss daran gemacht, oder?
    Fazit: Der Gutachter erläutert seine Bewertungsgrundlagen nur rudimentär und scheint auch nicht weiter darauf eingehen zu wollen. Was bleibt uns jetzt zu tun?

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