Auskömmlicher Einheitspreis, ja oder nein
BAU-Forum: Probleme im Mittelstand und Handwerk

Auskömmlicher Einheitspreis, ja oder nein

Foto von Martin Malangeri

Folgender Fall: Preis für schleifen und lackieren eines Parketts war unmissverständlich ausgeschrieben aber vom Parkettleger nicht richtig gelesen worden. Es wurde ein EP angeboten, der augenscheinlich nicht auskömmlich kalkuliert war. Bei der Beauftragung habe ich mich über den guten Preis gefreut und der Unternehmer wurde seitens Bauherrn beauftragt. Mittlerweile steht ein Nachtrag im Raum. Der Parkettleger sagt: Bauleiter du hast Hinweispflicht und mußtest erkennen das der Preis nicht auskömmlich ist, mein Nachtrag ist rechtens. Ich als Bauleiter sage: wer lesen kann ist Vorteil  -  dein Problem schleif und lackier die Dielen für deinen super Preis.
Der Käse ist gegessen, wir haben uns geeinigt aber meine eigentliche Frage ist  -  hätte ich als BL den Bauherrn drauf hinweisen müssen und ab wann ist ein Preis nicht mehr auskömmlich?
  1. Negativbeweis

    Hallo MM,
    schwierig! Was beauftragt wird muss auch bezahlt werden, da Bauleistungen in der Regel eben nicht kostenfrei sind. Grundsätzlich muss aber der AN und nicht der Bauherr beweisen, dass eine niedrigere Vergütung nicht vereinbart wurde  -  Negativbeweis. Dies ist in der Praxis wohl kaum durchführbar, darum gibt, was nicht schriftlich existiert, ist vor Gericht Null und nichtig. Außerdem müssen Mehrleistungen immer VOR der Ausführung bekannt gegeben werden. Es sei denn, der Umfang der Mehrleistungen würde den Handwerksbetrieb in eine existentielle Notlage bringen.
    Grüße
  2. mmhm ...

    Foto von Martin Malangeri

    Tja, Bop Pao, eigentlich war der Leistungsumfang ja von votne herein bekannt, es ist in diesem Punkt nicht mehr und nicht weniger geworden. Der Nachtrag, für die Vervollständigung des Preises und nicht der Leistung wurde vor Leistungserbringung gestellt. Wer was leistet, soll auch die entsprechende Knete dafür bekommen, ist schon in Ordnung. Bleibt die Frage ab wann ein Einheitspreis nicht mehr auskömmlich ist und Unternehmer sich beschweren kann? *amkopfkratzunddummausderwäscheschau*
    • Name:
    • MM
  3. auf den Einheitspreis kommt es nicht an

    sondern auf den Gesamtpreis des Angebotes (vielleicht ist es in diesem Fall ja dasselbe), da gibt es bei der Preisprüfung nach VOBAbk. die Regel, Angebote, deren Gesamtpreis im offensichtlichen Missverhältnis zur Leistung steht, von der Wertung auszuschließen, erhöht wird der Preis dann allerdings in keinem Fall und den Auftrag bekommt der Bieter dann halt auch nicht.
    Die Auffassung, dass es eine Pflicht gibt, nach Auftragserteilung den Preis entsprechend 'anzupassen', halte ich für ziemlich abenteuerlich.
  4. Kalkulationsirrtum

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    BGH 7. Juli 1998 Aktenzeichen: X ZR 17/97 Leitsatz: "Während eines Ausschreibungsverfahrens ist der öffentliche Auftraggeber in der Regel nicht verpflichtet, Angebote der Bieter auf Kalkulationsfehler zu überprüfen oder weitere Ermittlungen anzustellen; ausnahmsweise kann eine solche Pflicht bestehen, wenn sich der Tatbestand eines Kalkulationsirrtums und seiner unzumutbaren Folgen für den Bieter aus dessen Angebot oder den dem Auftraggeber bekannten sonstigen Umständen geradezu aufdrängt".
    Hat sich Ihnen der Irrtum aufgedrängt? So viel zur Verpflichtung, Einheitspreise zu untersuchen. Wie Herr Feldwisch-Drentrup schon geschrieben hat, müssen Sie aber prüfen ob der Gesamtpreis im offensichtlichen Missverhältnis zur Leistung steht.
    Die Rechtsfolge wäre aber nie, dass der falsche Preis nachträglich korrigiert werden kann.
  5. Nein, der Preis hat sich nicht wirklich aufgedrängt.

    Foto von Martin Malangeri

    Die Position sah wie folgt aus:
    Liefern und einbringen der Endbehandlung von Dielenböden mit Öl-Wachs-Emulsion, einschl. Grundschliff und Zwischenschliffen,
    Übergänge zwischen Alt- und Neubeständen durch schleifen anpassen.
    Fabrikat Öl-Wachs-Emulsion Berger-Seidle oder gleichwertig: ...
    Bereich: Wohnungen
    Die Emulsion war berücksichtigt im Preis, das Schleifen nicht.
    Der Preis war in seiner Höhe von 9,70 DM/m² bestimmt unterbemittelt. Vergleichspreise spielen sich um die 25,00 DM/m² ein. Aufgefallen ist er mir bei der Prüfung nicht, und es ärgert mich das es so war, ich habe ihn wahrscheinlich überlesen.
    Hätte mir das anders als angenehm auffallen dürfen?
    Im Gesamtpreis war das Angebot nur geringfügig unter den Mitbietern und es war eigentlich mein Wunschkandidat (von der Ausführungsqualität, persönl. Erfahrungen und Eindruck her gesehen).
    • Name:
    • MM
  6. eigentlich ...

    Foto von Stefan Ibold

    Moin,
    . haste doch alles notwändige beschrieben. Schleifen war für mich klar lesbar. Und wenn es durchaus spezifisch für diese Art der Ausführung (neu an alt angleichen) dann hat der AN mit Zitronen gehandelt.
    Auch so ein Fall:
    Rückbau der vorhandenen Abdichtung, bestehend aus mehreren Lagen bituminöser Abdichtung, anfallenden Müll von der Dachfläche schaffen und ordnungsgemäß entsorgen.
    Vor Auftragsvergabe stand eine Ortsbesichtigung an, bei der auch das Alter des Objektes angesprochen wurde, und bei der Gelegenheit der AN sich um den Zustand der Abdichtung hätte informieren können.
    Nun kommt der Nachtrag mit der Begründung: da bin ich von zwei Lagen Abdichtung und einer Trennlage ausgegangen. Vorhanden waren aber 6 Lagen und die auch noch teilweise auf der Schalung verklebt.
    Es hat KEIN Nachtragsangebot gegeben.
    Wie würden Sie entscheiden?
    Grüße
    Stefan Ibold
  7. guter Vergleich, si!

    Foto von Martin Malangeri

    den Fall hatte ich auch schon und bin ihn umgangen mit dem Hinweis direkt in der Position: "zwei- oder mehrlagig (zweilagig, mehrlagig) ... Verhältnisse sind vor Ort zu prüfen. " Der entsprechende Nachtrag wurde nicht beauftragt, der Dachdecker hat sich zähneknirschend in sein Schicksal gefügt.
    • Name:
    • MM
  8. wobei man sagen muss ...

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    dass der Text "Verhältnisse sind vor Ort zu prüfen" zwar elegant aber nicht gerade fair ist. si, wo bleibt Dein Protest? Zu prüfen hätte nämlich der Ausschreibende und anschließend die Leistung so zu beschreiben dass die Bieter ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten bilden können. Mit dem o.g. Text wird versucht, Risiken mangelhafter Planung auf die Bieter abzuwälzen. Im Endeffekt müssten so 30 Bieter vor Angebotsabgabe eine Vor-Ort-Besichtigung durchführen, für lau, an Stelle des einen Ausschreibenden, der Honorar dafür bekommt.
  9. wenn die Verhältnisse 'vor Ort' zu prüfen sind

    sieht's allerdings ganz anders ist, dann hat der Ausführende gute Argumente einen Nachtrag bezahlt zu bekommen (wenn er korrekt arbeitet), auch wenn dieser nicht 'genehmigt' bzw. beauftragt wird. Wenn dieser Nachtrag notwendig für die Ausführung ist, bekommt er ihn mit einiger Sicherheit sowieso.
    An die Eindeutigkeit der Ausschreibung werden durchaus höhere Anforderungen gestellt, diese ist die Voraussetzung für die strenge Gültigkeit der EP's.
  10. die Frage ist m.e.

    Foto von Stefan Ibold

    Moin,
    wovon der Anbieter im Normalfall von ausgehen muss.
    Es ist absolut üblich, m dass auf alten, seit längerer Zeit nicht samierten Dachflächen mehrere lagen der Abdichtung vorhanden sind.
    Es wäre auch nicht da Thema gewesen, wenn der AN sofort bei Beginn der Ausführungen einen Hinweis auf die höheren Aufwendungen gegeben hätte oder einen Nachtrag gestellt hätte.
    Ich weiß in dem konkreten Fall nicht einmal, wer den Leistungstext ursprünglich erstellt hat. Leider werden Dachflächen vor der Sanierung oftmals nicht geöffnet. So kam es vor, dass die Industrie eine Ausschreibung verfasste, bei der ein Verbleib der Abdichtung vorgesehen war, obwohl diese in Teilbereichen völlig durchfeuchtet war und organische Bestandteile in der Abdichtung vorhanden waren.
    Wenn das der AN keine Bedenken anmeldet oder rechtzeitg Nachträge stellt, was meint Ihr, was dann passiert wäre?
    Nein, ich bleib dabei, auch wenn die VOBAbk. die Eindeutigkeit der Ausschreibungstexte hervorhebt, wenn billigerweise mit diesen Ausführungen gerechnet werden muss, dann hat AN mit Zitronen gehandelt.
    Was würdet Ihr bei einer solch vermeintlich zweifelhaften Ausschreibung machen? Ich würde ein Anschreiben beilegen, bei dem ein zweiter EP eben für die im Zweifel stehenden Ausführungen angegeben wird. Entweder so, dass im Original der höhere EP steht und bei Wegfall der Ausführungen der im Anschreiben stehende EP abgezogen wird, oder umgekehrt.
    Bislang war ich damit eigentlich ganz gut gefahren.
    Grüße
    Stefan Ibold

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