Hilfe  -  Verständnissschwierigkeiten! Holzpellets wirklich umweltverträglich?
BAU-Forum: Nutzung alternativer Energieformen

Hilfe  -  Verständnissschwierigkeiten! Holzpellets wirklich umweltverträglich?

Hallo,
ich habe ein großes Verständnisproblem betreffend die Umweltverträglichkeit von Holzpellets. Verstanden habe ich, dass das Verbrennen von Holzpellets nicht mehr CO2 produziert, als das verrottende Holz gleicher Menge, oder anders, dass das, was die Holzpellets an CO2 abgeben dem entspricht, was sie vorher der Atmosphäre an CO2 entnommen haben. Soweit so gut.
Nun stellen wir uns einen riesigen Wald der Fläche F vor, die sich aus geographischen Gründen nicht ausweiten kann. Würden wir nicht heizen, würde ein Anteil A (Rott) verrotten und CO2 an die Atmosphäre zurückgeben. Das was verrottet, wächst naturbedingt auch wieder nach. Wir hätten also eine gleichbleibende Waldfläche F auf Dauer.
Wenn nun aber die Holzpellets als Energieträger entdeckt und von vielen Menschen genutzt werden, wird  -  davon gehe ich aus  -  nicht oder jedenfalls nicht nur verrottendes Holz zur Pelletherstellung verwendet. Das heißt, es würde ein Anteil A (Brenn) der Waldfläche verbrannt, der sehr viel größer ist als der verrottende Anteil A (Rott), somit ist auch der CO2 Ausstoß bei Holzpelletnutzung wesentlich größer als bei Verrottung von A (Rott). Durch eine geschickte Holzwirtschaft kann  -  auch nur idealerweise  -  erreicht werden, dass der Anteil brachliegender (also holzfreier) Waldfläche so niedrig bleibt, dass sie vernachlässigbar gegenüber der ursprünglichen Waldfläche F ist. Das heißt, wir hätten immer dieselbe Waldfläche F zur Verfügung, egal ob wir mit Holzpellets heizen oder nicht. Das heißt, dass die von der Waldfläche aus der Atmosphäre aufgenommene CO2-Menge unabhängig davon ist, ob Holzpelletwirtschaft betrieben wird oder nicht.
Da aber, wie oben dargestellt bei Holzpelletnutzung viel mehr CO2 ausgestoßen wird, hätten wir doch eine negative Bilanz? Dem könnten wir doch nur entgehen, wenn wir für die Holzpellet-Produktion dort neue Waldflächen anlegen, wo vorher kein Wald war. Oder es müsste gelingen, auf derselben Waldfläche den CO2-Verbrauch drastisch zu erhöhen. Geht das denn? Würden 3 schnellwachsende Bäume, die innerhalb eines Zeitraumes von 50 Jahren nacheinander an derselben Stelle gepflanzt und abgeholzt werden, mehr CO2 umsetzen als ein einzelner langlebiger Baum im selben Zeitraum?
Bitte um Aufklärung!
Wo ist der Denkfehler, wenn es denn einen gibt?
  • Name:
  • ralf n
  1. CO2-Neutral

    Foto von Oliver Kettig

    Hallo Ralf,
    meine Laienansicht: Gleichbleibende Waldfläche = CO2-neutral, abnehmende Waldfläche = CO2-Überschuss = Klimaerwärmung. Wobei man statt "Waldfläche" lieber "lebende Festmeter Holz" als Bezugsgröße nehmen sollte.
    Bei Verbrennung des Brennstoff wird das bei der Brennstofferzeugung aufgenommene CO2 wieder abgegeben. Das an sich hat noch nichts mit CO2-Neutralität zu tun  -  denn das gilt für Holz und Öl gleichermaßen. Der Unterschied ist: Holz kann nachwachsen, öl nicht. Zumindest nicht in "menschlichen" Zeiträumen.
    Das bedeutet: Pelletnutzung ist genau dann CO2-neutral, wenn gleich viel Holz nachwächst wie verbrannt wird. Wird für die Pelletnutzung die Waldfläche reduziert, weil z.B. mehr verbrannt wird als nachwachsen kann, dann ist's aus mit der CO2-Neutralität.
    Grüße
  2. ist ganz einfach

    Ihr Denkfehler liegt in falschen Annahmen (Waldfläche darf nicht weiter ausgedehnt werden) und in der Tatsache, das zur Pelletgewinnung nicht nur Frischholz genutzt wird.
    Eine nachhaltige Pelletgewinnung (und nur die ist CO² neutral) funktioniert nur, wenn mind. die Menge Holz pro Jahr nachwächst, die auch abgeholzt wurde. also wenn ich pro Jahr 5 Tonnen Holz abholze, muss ich soviel Wald aufforsten, dass 5 Tonnen Wald nachwachsen. Und Masseeinheit (also Tonnen) und nicht Anzahl Bäume. Denn wenn ich 1000 Stück 70 Jahre alte Buchen abholze, dann reicht es nicht 1000 Stück Buchen aufzuforsten. Das wäre nicht nachhaltig und nicht CO² neutral. Wer also wirklich CO² neutrale Pellets will, der muss zuerst kräftig aufforsten. Alles andere ist Augenwischerei, denn auch das verbrennen von Öl ist CO2 neutral wenn man den Betrachtungszeitraum groß genug wählt.
    Darüber hinaus kommt noch dazu, dass auch Holzabfälle für Pellets genutzt werden, deren Energie bisher nicht zum heizen genutzt wurde, aber trotzdem CO² freigesetzt haben.
    Gruß
    MH
  3. CO2-neutral ist eine Mogelpackung

    Foto von Dipl.-Ing. univ. Bruno Stubenrauch

    Jedenfalls wenn der Begriff so verwendet wird, dass Pellets, die ich verbrenne, vorher genauso viel CO2 der Atmosphäre entnommen haben wie bei Verbrennen wieder frei wird. Das trifft nämlich exakt auch auf alle fossilen Brennstoffe zu.
    Wenn ich aber umgekehrt denke, nämlich, dass ich nach dem Verbrennen der Pellets durch Aufforsten der Atmosphäre das freigesetzte CO2 wieder entziehe, kann ich auch das wieder auf fossile Brennstoffe ausdehnen (wird salonfähig angedacht beim CO2-Kompensationssystem "Atmosfair"). Die Waldflächen werden dann immer größer, bis wir nach Verbrennen aller fossilen Brennstoffe wieder den Zustand der Erde haben, der zu Zeiten der Saurier vorherrschte: Regenwälder und subtropisches Klima. Also genau das, was jeder gerne im Urlaub hat bzw. das, was angesichts der schwindenden Regenwälder herbeigesehnt wird.
    Atmet der Mensch eigentlich CO2-neutral? Eine 4-köpfige Familie atmet nämlich mehr CO2 aus als ihre Hausheizung freisetzt.
  4. und was wird sonst noch freigesetzt?

    Foto von Martin Kempf

    CO2 ist bei einer Verbrennung wohl kaum das einzige, was man so freisetzt. Es wäre interessant, mal so die Zusammensetzung der Rauchgase zu erfahren, und was sich so an Feinstaub in die Atmosphäre verteilt ...
  5. Gesamtbilanz ist entscheidend,

    und die zu ermitteln, ist recht schwierig. Bei den Pellets kommt ja auch noch der Energieaufwand für den Holztransport, die Pelletherstellung (muss das Holz nicht auch trocken sein) und den Pellettransport hinzu.
    Es ist gut, dass ein nachwachsender Rohstoff genutzt wird. Das ist Tatsache.
    • Name:
    • Ulf Saß
  6. Warum immer nur Pellets?

    Warum "diskutiert" niemand darüber, wieviel Energie notwendig ist, um Erdgas über tausende von Kilometern durch marode Pipelines aus Russland nach Deutschland zu transportieren (zur ständigen Druckerhöhung allein drei Kernkraftwerke!)? Warum redet keiner über die Energieverluste, die bei der Ölförderung und dem Transport aus fernen Ländern nach Deutschland entstehen? Warum regt sich niemand über die regelmäßigen Tankerhavarien auf, die unsere gemeinsame Umwelt dauerhaft zerstören? Warum diskutieren wir nicht über die fast ausschließliche Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Energien, die aus politisch instabilen Ländern zu uns kommen? Die Fragen ließen sich beliebig fortsetzen.
    Ich meine, der Leidensdruck, um endlich zu 100 % auf erneuerbare Energien umzuschwenken, ist noch viel zu gering. Da wird stundenlang rauf und runter über CO2-Neutralität diskutiert und gleichzeitig Millionen von Tonnen CO2 fossil einfach nur verbrannt. Fossile Energien sind viel zu kostbar, als sie einfach nur noch zu verbrennen. Noch sind sie viel zu billig, doch ihre nahende Endlichkeit wird das schon bald ändern. Dann wird's ja vielleicht was mit erneuerbaren Energien. Flächendeckend, nachhaltig und unabhängiger.
    Mit sonnigem Gruß ... Lb
  7. Danke, Danke

    Danke für die vielen Antworten, die sehr aufschlussreich waren. Ich habe verstanden, dass ein kräftiges Aufforsten vorab (!) nötig ist, um die CO2-Neutralität tatsächlich hinzukriegen. Denn wenn ich einen Baum fälle, und dann erst einen neuen Pflanze, habe ich wie vor dem Fällen EINEN CO2-atmenden Baum und einen zum verbrennen. Die Situation ist nicht anders als bei einem atmenden Baum und einen Haufen Braunkohle (fossil). Also: Zuerst aufforsten, dann Hilz schlagen!
  8. Ich bin begeistert ...

    jetzt wird sogar schon der Betrachtungszeitraum für die CO2-Bilanz auf die Zeit ausgedehnt als das Öl und Gas noch Bäume war. Kann man machen  -  das CO2 das vor (und für) Millionen von Jahren eingeschlossen wurde und eingeschlossen blieb, in Form von Öl und Gas in 100-200 Jahren verheizen und das als CO2-neutral berechnen. Stimmt zwar mathematisch  -  aber ob unsere Umwelt so gut Mathe kann? Oder so schlecht?
    Übrigens: Für die Produktion und Verteilung von Holzpellets sind rund 3-5 % der erhaltenen Energiemenge erforderlich. Bei Öl und Gas sind das 10-12 %. Oder noch mehr bei maroden Pipelines.
    Jede Biomasseheizung die heute (anstelle Öl) eingebaut wird verringert den Ölverbrauch. Unser Erdöl werden wir noch für wichtigere Dinge brauchen als es einfach nur zu verbrennen. z.B. für die Wärmedämmung im Bestand. Was wiederum den gesamten Energieverbrauch verringert.
    Und nicht erst 20 Jahre warten bis heute aufgeforstete Flächen erntereif sind. Wenn wir heute das CO2 freisetzen, das die Bäume in den letzten paar Jahren aufgenommen haben kann man das in Anbetracht der Zeiträume der Erdgeschichte getrost als CO2-neutral betrachten. Das ist zumindest meine Meinung.
    Außerdem werden meines Wissens heute noch keine Bäume für die Pelletsproduktion gefällt  -  bisher sind es noch immer (und wohl auch noch einige Zeit) Abfälle der holzverarbeitenden Industrie. Diese Abfälle geben also so oder so das gebundene CO2 ab. In welcher Form bzw. über welche Zwischenstufe auch immer.
    • Name:
    • Herr WolRei
  9. Was mich bei den Pelletbetrachtungen auch immer begeistert,

    ist die Darstellung des Heizenergiegewinnes durch die Pellets. Sie liegt höher als bei Buchenholz. Wie kann das sein? Wer führt den Holzknödeln da heimlich Energie zu?
  10. Na ganz einfach ...

    Das Pressen erfolgt mit Druck und die Energie des Drucks wird im Pellet gespeichert.
    Das ist halt wie bei Grander-Wasser ;-) ). Das speichert doch auch.
  11. @Jentzsch Wo steht das denn?

    Foto von Oliver Kettig

    Hallo Frau Jentzsch,
    wo steht das denn?!?
    Aber beim Holz muss man die Holzfeuchte beachten:
    "Holz Überschlägig liegt der Heizwert von absolut trockenem Holz (Wassergehalt 0 %) bei 5 kWh/kg. Lufttrockenes Holz (Wassergehalt 15  -  20 %) besitzt einen durchschnittlichen Heizwert von 4 kWh/kg,
    frisch geschlagenes Holz (Wassergehalt 50 % und mehr) von 2 kWh/kg"
    siehe

    "Wissenswertes über Pellets (Quelle: Holzabsatzfonds): Energiegehalt: min. 4,7 kWh/kg"
    siehe

    Grüße


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